Kolumne: „Spring einfach“

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Es ist Freitag Abend, kurz nach 18.00 Uhr in Kolenfeld. Rechts und links von mir grummelt der Himmel, als wolle er mir sagen „Tue es vielleicht doch nicht!“ Auch fragt mich immer wieder mein innerer Schweinehund: „Warum möchtest du mitmachen beim SwimRun, bei der mehrmaligen Querung des Mittellandkanals?“ Mir ist bewusst, dass ich immer wieder von der einen Seite in das Nichts, das Ungewisse springen muss, wobei ich das Springen in gefühlt abgrundtiefes Wasser so gar nicht mag. Doch es sind erneut sommerliche fast 30 Grad mit einer Luftfeuchtigkeit von mehr als 70 Prozent und eine Abkühlung würde richtig gut tun. Das allein ist meine Motivation. 

Die Kids aus meiner Trainingsgruppe sind bereits angekommen und hoch motiviert. Jens, unser Triathlonwart, erklärt kurz den Ablauf und dann geht es auch schon los. Wie gerne wäre ich voran gesprungen, sodass mich im Fall der Fälle jemand hätte herausziehen können. Aber meine Unsicherheit lässt mich nach hinten gehen und die ersten 100 Meter hinterherlaufen, bis dann der Sprung ins Wasser kommt, der Sprung vor dem ich mich doch ein wenig fürchte. Wir haben alle Laufschuhe an, denn wie soll man sonst die 500 Meter auf dem Schotter absolvieren. Gedanken kreisen in meinem Kopf. Noch nie bin ich mit Schuhen geschwommen. Nicht nur diese alleine könnten mich wie Ballast an den Füssen in die Tiefe ziehen. Ich trage auch noch Socken, um Blasen an den Füssen zu vermeiden. Jetzt sind die ersten Lauf-Meter vorbei, zu schnell, wie ich finde und ich stehe da vor dem Abgrund. Ich kenne die Ostsee, habe dort fast die erste Hälfte meines Lebens verbracht. Da weiß ich, was unter mir oder wie tief das Wasser ist. Ich erinnere mich an die Zeit im Lehrschwimmbecken. Ich konnte noch stehen. Für die Schwimmkinder war es ein unendlich tiefes Gewässer. Ich gab ihnen mit einer Hand Sicherheit beim Hineinspringen. Diese Hand wünschte ich mir jetzt auch herbei, diese Hand, die mir ein wenig Sicherheit gibt. Doch ich stand da, allein! Mein Ehrgeiz spornte mich an zu springen, mein innerer Schweinehund arbeitete unentwegt dagegen. Da hörte ich die Stimme:

„Spring einfach!“

Ich sprang und es fühlte sich sehr merkwürdig an! Genauso hatte ich es mir vorgestellt. Meine Füsse erreichten selbstverständlich keinen Boden. Das Wasser war so trübe, ich konnte nichts sehen. Es schien, als ob ich eine Ewigkeit benötigte, um nach oben zu kommen. Dann tauchte ich auf und verschluckte mich! Na toll, dachte ich! Wie soll ich jetzt die andere Seite des Kanals erreichen. Aber völlig automatisch begann auch ich zu schwimmen. Der erste Schreck und die Angst verflogen recht schnell als ich bemerkte, dass das Schwimmen mit Schuhen doch nicht so schlimm ist, ungewohnt zwar, aber möglich. Auch ich erreichte schließlich die andere Seite, kämpfte mich dort über die Steine an Land und atmete auf, denn die 500 Meter Laufen waren meine Disziplin. Erneut kletterte ich über die Steine in das erfrischende Nass und begann die 50 Meter zurück zu schwimmen. 

Cool dachte ich, als die Spundwand immer näher rückte! Da war sie, die nächste Hürde, die zu erklimmen galt! So, wie ich zuvor noch nie in einen Kanal hinein gesprungen oder mit Schuhen geschwommen war, war ich auch noch nie an einer Leiter hinaus geklettert. Doch wie heißt es:  „Man wächst mit seinen Herausforderungen!“ So auch ich! Auch das Herausklettern schaffte ich und da war sie wieder, meine geliebte Laufstrecke. Nun hatte ich die nächsten 500 Meter Zeit, meine Gedanken frei schweifen zu lassen. Leider kam der Einstieg in den Kanal schneller als gedacht und da stand ich erneut vor dem Abgrund und diese Stimme von Hinten wiederholte sich und rief:

„Spring einfach!“

 

Ja, ich sprang! Was kann ich euch sagen – das zweite, dritte, vierte….. Mal war gar nicht mehr so schrecklich, wie das Mal davor. Ich brauchte knapp 54 Minuten für die 6 Kilometer laufen und 600 Meter schwimmen. Nun bin auch ich um eine Erfahrung, nein gleich mehre Erfahrungen reicher und freue mich doch schon ein ganz klein wenig auf die Wiederholung dieses SwimRun!